Porsche-Pilot und falscher Fiat

  • Der Fall „bediene sämtliche Klischees“, sagt der Anwalt des Piloten. Und da hat der Anwalt recht.


    Es ist der zweite Prozess gegen den Piloten. Im ersten hat das Amtsgericht ihn wegen tätlicher Beleidigung und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 260 Euro verurteilt und folgenden, klischeehaften Sachverhalt festgestellt:


    Am 13. November 2013 holt der Pilot seine Stieftochter vom Ballettunterricht in Dr. Hoch’s Konservatorium ab. Er tut dies in seinem Porsche 911, zusammen mit seiner Lebensgefährtin, einer Stewardess.


    Beim Stieftochterabholvorgang kommt es zum Beinahe-Zusammenstoß mit einer Fiat-Fahrerin, die sich laut Amtsgerichtsurteil durchaus „außerhalb der Ideallinie“ bewegt haben könnte. Der Pilot muss scharf bremsen, die Stieftochter, die eigentlich ihren elften Geburtstag feiert und sich freuen sollte, fängt an zu weinen. Der Pilot steigt aus, wummert gegen die Scheibe seiner Kontrahentin und rastet völlig aus, als diese laut Amtsgerichtsurteil „das Knöpfchen runtermacht“. Er spuckt gegen die Scheibe, verbiegt einen Scheibenwischer, reißt den Außenspiegel ab und bedenkt die Frau mit einem vulgären Schimpfwort, das sich fast auf „Vorfeldlotse“ reimt. Die Frau gibt Gas, fährt zum nächsten Polizeirevier und erstattet Anzeige.


    Zeugin erscheint nicht


    Der Pilot findet die Geldstrafe ungerecht, er hat Berufung eingelegt. Er habe lediglich zart gegen die Scheibe geklopft, sagt er. Daraufhin sei die Frau davongerast, habe ihn mit dem Auto gestreift und sei dabei vermutlich des Außenspiegels verlustig gegangen. Dies freilich hatte ein Gutachter im ersten Prozess als „aus technischer Sicht nicht plausibel“ bezeichnet. Für das vermeintliche Opfer spricht zudem, dass die Frau die Schäden an ihrem Auto äußerst billig reparieren ließ – und selbst über diese rund 100 Euro dem Piloten nie eine Rechnung schickte, sondern sie aus eigener Tasche bezahlte.


    Der Anwalt des Piloten weist zu Beginn des Prozesses daraufhin, dass nicht alle Klischees stimmten. So verdiene sein Mandant keine 8500 Euro netto mehr im Monat, wie zu Zeiten des Amtsgerichtsprozesses, sondern ein bisserl weniger, weil er wegen des frischgebackenen gemeinsamen Sohnes mit der Stewardess in Elternteilzeit sei. Und den Porsche habe er auch nicht mit seinem Gehalt, sondern mit einer Erbschaft von seinem Onkel finanziert. Und die Fiat-Fahrerin sei in Wirklichkeit gar keine Fiat-, sondern eine Ford-Fahrerin.


    Und am Mittwoch leider auch fort: Nachdem die als Zeugin geladene Frau nicht vor Gericht erscheint, wird das Verfahren gegen den Piloten eingestellt – gegen die Zahlung von 5000 Euro.


    Wer so ausrastet dürfte eigentlich kein Auto fahren :D

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