Geschichte der Fiat Kleinwagen

  • Vom Topolino über den Fiat 600 und Seicento bis zum neuen Panda


    Die Kleinwagen haben bei Fiat eine lange und erfolgreiche Tradition


    Fiat und Kleinwagen sind untrennbar miteinander verbunden. Eine Affinität, die automobilhistorische Dimensionen hat. Schließlich weist die Ahnengalerie des neuen Fiat Panda mit dem Topolino (Fiat 500), dem Fiat 600, dem Fiat 127, dem Fiat Cinquecento, dem Fiat Seicento und nicht zuletzt auch der ersten Generation des Fiat Panda Kleinwagen auf, die zu ihrer Zeit nicht nur von Konzept und Technik wegweisend waren und Karriere machten, sondern die als preiswerte Familienautos zu ihrer Zeit ganze Generationen mobilisierten. Allein seit 1955, dem Präsentationsjahr des Fiat 600, hat Fiat im Kleinwagensegment rund 15,5 Millionen Fahrzeuge in Europa verkauft.


    Die Geschichte der Kleinwagen von Fiat beginnt 1933. Eine Geschichte, die eng mit einem Namen verbunden ist: Dante Giocosa. Der 28jährige Ingenieur und Konstrukteur von Spezial- und Militärfahrzeugen nahm damals das Angebot von Senator Agnelli zur Konstruktion eines kleines und wirtschaftlichen Autos an, dessen Preis die eigentliche Sensation sein sollte: 5.000 Lire.


    Giacosa, dessen große Leidenschaft den Flugzeugen und ihren Motoren gehörte, tauft des Projekt „Zero A“. „Zero“ erinnerte an den ersten in Großserie gebauten Fiat und „A“ stand für „Aviazione“, die Luftfahrt. Im Februar 1934, nach nur einjähriger Entwicklungszeit, wird der erste Prototyp „Zero A“ getestet. Mit Erfolg, „Zero A“ geht in Serie. In Lingotto entsteht ein fünfgeschossiges Werk mit einer Teststrecke auf dem Dach, wo Fiats erster Kleinwagen vom Band laufen wird.


    Zwei Jahre später, im Juni 1936 ist es dann soweit. Giacosa präsentiert der staunenden Fachwelt den Fiat 500 – damals das kleinste Auto der Welt. Mit ihm läutet Fiat die lange Tradition der Kleinwagen ein und tauft sein erstes Mini-Modell wegen seines Hubraums „500“. Der Kleine ist ganze 3,21 Meter lang und wiegt 535 Kilogramm. Sein Vierzylinder-Reihenmotor mit 569 Kubikzentimetern werkelt vorn unter der Haube und mobilisiert 13 PS bei 4.000 Umdrehungen der Kurbelwelle.


    Der erste Fiat 500 erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 85 Stundenkilometer, verfügt über vier Vorwärtsgänge plus einen Rückwärtsgang, wobei nur der dritte und vierte Gang synchronisiert sind. Zur fortschrittlichen Technik gehören Einzelradaufhängung, der Schalthebel liegt ungewohnt zwischen Fahrer- und Beifahrersitz. Der Wagen besitzt seitliche Schiebefenster und genügend Platz im hinteren Teil für die Kinder oder das Gepäck. Er begeistert und bewegt die Italiener. Der Volksmund tauft ihn wegen seines sympathischen Aussehens auf den Namen „Topolino“ – das Mäuschen. Über 122.000 Topolino werden bis 1948 produziert.


    Der Siegeszug des Fiat 500 ist in der Folgezeit mit verbesserten oder neuen Modellen des italienischen Kleinwagens verbunden. Auf den Fiat 500 B folgt 1949 der Fiat 500 C. Er besitzt „amerikanische“ Stoßstangen eine erste, noch sehr einfache Heizvorrichtung und läuft bis 1955, dem Jahr der Produktionseinstellung, insgesamt 367.370 mal von den Bändern.


    Im gleichen Jahr, auf dem Genfer Autosalon, feiert der Fiat 600 seine Weltpremiere. Ebenfalls ein Kleinwagen, trägt er jedoch mit selbsttragender Karosserie, Heckmotor (633 Kubikzentimeter, 22 PS), Einzelradaufhängung und pfiffigem Design neue Technik- und Komfortelemente in diese Klasse. Von dem immerhin 100 km/h schnellen Fiat 600 werden bis 1960 über 950.000 Einheiten produziert.


    Im Sommer 1957 wird der Nachfolger des Topolino präsentiert, der ebenfalls unter der Federführung von Dante Giacosa entstand: der Fiat „Nuova 500“. Jener Kleinwagen, der das italienische Volk endgültig motorisieren soll. Sein Preis: 465.000 Lire. Sein Konzept: Zweisitzer mit selbsttragender Karosserie, vier unabhängig aufgehängte Räder und wieder ein 500er-Motor, der jetzt aber im Heck untergebracht ist. Der luftgekühlte Zweizylinder entwickelt aus exakt 479 Kubikzentimetern Hubraum 13 PS, erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 85 Stundenkilometer und begnügt sich mit ganzen 4,4 Liter Benzin pro 100 Kilometer.


    Als Fiat 1960 auf dem Turiner Autosalon eine weitere Version mit stärkerem Motor vorstellt, beginnt der Triumphzug eines der erfolgreichsten Kleinwagen in der Geschichte des Automobils. Der „Nuova 500“ verfügt jetzt über 16,5 PS und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Dazu wird die Ausstattung mit Beleuchtung und Richtungsanzeige am Lenkrad, Nabenabdeckungen an den Rädern, versenkbaren Scheiben und einem kleinen Polstersofa reichhaltiger und sorgt für mehr Komfort.


    Der Nuova 500 setzt die Tradition des Topolino fort, erobert die Herzen der Autofahrer in Italien und ist mit einem Preis von 490.000 Lire auch für den kleinen Mann erschwinglich. Auch ihm bleibt der Erfolg der Fiat Kleinwagen treu. Bis zu seinem Abschied im Jahr 1975 laufen 3,7 Millionen Einheiten des Kleinwagen-Klassikers vom Band.


    Seine Rolle übernehmen mit ähnlichem Erfolg aber unter anderen Vorzeichen in der Folgezeit weitere Kleinwagen von Fiat. Wie der Fiat 126, von dem in verschiedenen Versionen von 1972 bis 2000 rund fünf Millionen Einheiten gebaut werden. Oder ab 1992 der Fiat Cinquecento. In Italien entwickelt, in Polen gebaut und auf den europäischen Märkten zuhause definiert er das erfolgreiche Kleinwagen-Konzept des italienischen Automobilherstellers neu und auch mit Erfolg. Insgesamt laufen von dem kantigen City Car im polnischen Werk Tichy 1,2 Millionen Einheiten von den Bändern. In dem nahe Krakau gelegenen Werk wird ab 1998 auch der Fiat Seicento produziert. Als City-Car neuer Prägung verbindet er kompakte Außenmaße mit viel Platz innen, moderne Technik mit Wirtschaftlichkeit und setzt auch in Sachen Sicherheit Maßstäbe in seiner Klasse. Ein Konzept, das vor allem von jungen Leuten – überwiegend den Frauen – geschätzt wird und nach wie vor aktuell ist.


    Ein Konzept, das auch der neue Fiat Panda aufnimmt und mit für die Klasse innovativen neuen Inhalten belebt. Wie vor 23 Jahren die erste Generation des ultrakompakten Fiat. Erinnern wir uns. Als der von Giorgetto Giugiaro eingekleidete Panda auf dem Genfer Salon 1980 seine Weltpremiere feiert ahnt niemand, welche Karriere dem nur 3,41 Meter „kurzen“ Fiat bevorsteht. Außen kantig, innen reduziert auf das Wesentliche und mit vier Zylindern unter der Haube bietet er genügend Leistung und Platz für die ganze Familie. Er ist praktisch, wendig, vielseitig und vor allem sehr wirtschaftlich. Eigenschaften, mit denen er vom Start weg bei den Käufern ankommt. Ob Einsteiger- oder Zweitfahrzeug, der nur 715 Kilogramm leichte Panda ist beim täglichen Einsatz im Stadtverkehr unschlagbar. Doch auch über Land und auf der Autobahn enttäuscht er nicht – speziell mit dem 29 kW (40 PS) starken Vierzylindermotor.


    Präsentiert sich der Fiat Panda beim Start noch als „Haushaltsgerät auf Rädern“ (Giugiaro-Zitat), so wird er im Lauf der Jahre erwachsener. Als „intelligentes“ Auto hält er durch ständige Weiterentwicklung mit der Zeit Schritt – ohne seinen Charakter zu ändern. Dies ist mit ein Schlüssel zum Erfolg.


    Der Fiat Panda startet 1982 mit zwei Motoren – einer davon ein 30 PS starker Zweizylinder mit Luftkühlung – und bewusst einfacher Ausstattung (u.a. Hängemattensitze) in seine erste Saison. Knapp sechs Jahre später wird der pfiffige Fronttriebler grundlegend überarbeitet. Mit modernen Fire-Motoren mit 750 und 1.000 Kubikzentimetern, neuer Hinterachse und aufgewerteter Innenausstattung rollt der Panda deutlich erwachsener in seine zweite Jugend. Doch damit nicht genug. Neben einer Dieselversion (1986) wird die Baureihe 1990 um den Panda Elettra erweitert – das erste in Serie produzierte Elektrofahrzeug. Der umweltfreundliche Kleinwagen wird u.a. in Turin als „Mietwagen“ im City-Verkehr eingesetzt.


    Ab 1991 bietet der Panda Selecta mit stufenlosem Automatikgetriebe für die Klasse ungewohnten Schaltkomfort. Zeitgleich unterzieht sich der superkompakte Fronttriebler einer Modellpflege. Sie hat – das kann damals niemand ahnen – bis zu seinem Produktionsende Anfang September 2003 Bestand. Neben neuem Kühlergrill, neuem Lenkrad und einem Armaturenbrett, das den Namen auch verdient, versprechen traditionell gepolsterte Sitze, verbesserte Geräuschdämmung und gezielte technische Feinarbeit mehr Komfort. Die bewährte Grundkonzeption bleibt selbstverständlich erhalten.


    Der Fiat Panda entwickelt auch Abenteuergeist. 1983 verwandelt er sich mit dem Panda 4x4 in einen Geländewagen. Mit zuschaltbarem Allradantrieb und dem durchzugskräftigen 1,0-Liter-Fire-Motor mit 33 kW (45 PS) bewährt er sich im harten Alltag wie im Motorsport. 1985 nehmen an der Rallye Rom-Abidjan 54 Panda 4x4 mit Erfolg teil. Es folgen weitere Starts: bei der Australien-Safari, der Fernfahrt Peking-Paris und der berühmt-berüchtigten Rallye Paris-Dakar.


    Als Einzelstück wagt sich der Fiat Panda sogar ins Wasser. Expeditionsausrüster Volker Lapp erregt mit einem Umbau zum „Schwimm-Panda“ nicht nur bei den Fachleuten Aufsehen. Gleiches gilt für die von Lapp für den Einsatz im Revier umgerüstete 4x4-Version, die 1995 zum „Jagd-Auto des Jahres“ gekürt wird.


    Am Ende seiner Laufbahn, kann der Panda auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken, die selbst in nüchternen Zahlen beeindruckt. Seit 1980 wurde der pfiffige Fronttriebler in 60 verschiedenen Versionen produziert, in 31 Ländern angeboten und über vier Millionen Mal verkauft – über 350.000 Exemplare davon allein in Deutschland, wo er eine ungeahnte Popularität erlangte. Zahlen, die der „tollen Kiste“ einen Platz im Fiat-Olymp sichern.


    Eine Erfolgsgeschichte, die der neue Fiat Panda fortführen will. Mit jugendlich-keckem Design, moderner Technik, innovativen Ausstattungsfeatures und jener Portion Individualismus, die alle Kleinwagen von Fiat auszeichnete – angefangen vom Topolino, über den Fiat 500 und den Fiat 126 bis hin zum Fiat Cinquecento.

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